Hillsborough anniversary - 20. Jahrestages der Katastrophe, Foto: Linksfuss/Wikipedia Hillsborough anniversary – 20. Jahrestages der Katastrophe, Foto: Linksfuss/Wikipedia

30 Jahre nach der Hillsborough-Katastrophe, bei der 96 Fußballfans starben

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Am 15. April 1989, vor genau 30 Jahren, starben 96 Fußballfans bei einer Massenpanik im Hillsborough-Stadion. 766 weitere Menschen wurden dabei verletzt. Es ist die größte Katastrophe der britischen Sportgeschichte. Ein Tag, der den Fußball für immer verändert hat.

Was ist in Hillsborough passiert?

Hillsborough Westtribüne 1989, Grafik von Lord Mauleverer at English Wikipedia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58657060
Hillsborough Westtribüne 1989, Grafik von Lord Mauleverer at English Wikipedia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58657060

Das Hillsborough-Stadion in Sheffield hatte 1989 eine Kapazität von insgesamt 52.135 Zuschauern. Bereits in den Vorjahren hatte es immer wieder Probleme rund um die Westtribüne mit einer Kapazität von 4.456 Sitzplätzen im oberen Rang und 10.100 Plätzen auf der Stehplatztribüne im unteren Rang gegeben. Der untere Rang war durch Zäune vom Innenraum getrennt und wurde zu diesem Spiel über 7 Drehkreuze befüllt.

Der damalige Match Commander David Duckenfield war erst kurz vor dem Spiel in die Position befördert worden – ohne Erfahrung mit dem Stadion oder mit Anlässen dieser Art generell. Der Einlass am 15. April 1989 war problematisch: die Besucher kamen spät und der Einlass verlief nur schleppend. Ca 20 Minuten vor Spielbeginnen befand sich noch ca die Hälfte der Besucher vor dem Einlass. Auch im Inneren des Stadions verlief die Verteilung der Besucher ungleichmäßig – während einige Bereiche ganz leer blieben, kam es in den mittleren Bereichen (Block 3 und 4) bereits zu Gedränge.

„Um 14:52 Uhr ließ Duckenfield ein zusätzliches Fluchttor (Gate C) öffnen, um den Druck auf die Fans, die ins Stadion zu gelangen versuchten, zu verringern. Innerhalb von fünf Minuten strömten weitere 2000 Fans ins Stadion, von denen viele auf den direkt vor ihnen liegenden Tunnel, der zu den Blöcken 3 und 4 führte, zuliefen, um den nahenden Anpfiff nicht zu verpassen. Keinem der Außenstehenden war bewusst, dass sich bereits vorher ein gefährliches Gedränge in den beiden Blöcken gebildet hatte und so gab es kein Regulativ, das die Fans davon abhielt, in die beiden Blöcke zu laufen.[7]“ So nahm das Unglück seinen Lauf. Am Ende gab es 96 Tote und 766 Verletzte zu beklagen. (von https://de.wikipedia.org/wiki/Hillsborough-Katastrophe)

Zwei Untersuchungen nach dem Unglück

Das Geschehen wurde zwei Mal aufgearbeitet. Einmal im Jahr 1990 unmittelbar nach dem Unglück durch den (Lord Justice) Taylor Report (https://en.wikipedia.org/wiki/Taylor_Report / https://web.archive.org/web/20130619160223/http://www.southyorks.police.uk/sites/default/files/Taylor%20Interim%20Report.pdf) und dann im Jahr 2012 noch einmal von einem Independent Panel (https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/229038/0581.pdf) – mit jeweils sehr gravierenden Unterschieden in Bezug auf die Frage, was zu den Ereignissen geführt hat.

Eine der wesentlichen Forderungen des Taylor Reports war die Abschaffung der Stehplätze – allerdings hätten es auch schon damals deutlich mehr Erkenntnisse geben können, hätten nicht wesentliche Beteiligte von Seiten des Stadions und der Polizei über die Abläufe gelogen. Bis zum Erscheinen des neuen Reports im Jahr 2012 wurden immer wieder die „rücksichtslosen“ Fans als Auslöser genannt und erst der neue Report hat das komplette Organisationsversagen und die Lügen vieler Beteiligter herausgearbeitet. IBIT nutzt das Beispiel regelmäßig, um die 1993 von Fruin postulierte Aussage „Inappropriate or poorly managed control procedures have precipitated crowd incidents rather than preventing them.“ (https://pdfs.semanticscholar.org/467d/5d641b43f4f7eaca3703e0b2390c60a685b2.pdf) zu erklären. Nicht um mit dem Finger auf jemanden zu zeigen (wie könnten wir), sondern um herauszuarbeiten, dass sicher niemand in eine solche Lage kommen möchte, „irgendetwas tun zu müssen“ um das Beste aus einer Situation zu machen – mit dem Ergebnis, durch das Handeln Dinge noch zu verschlimmern.

In diesem Zusammenhang geht es leider regelmäßig auch immer um das Handeln der Polizei, die auf der einen Seite nun mal diejenigen sind, die am Ende regelmäßig auch ad hoc einspringen müssen, die durchaus aber auch das Potential haben, Entscheidungen unabgesprochen umzusetzen und „die anderen“ vor vollendete Tatsachen zu stellen – konterkarierende Schutzziele sind oftmals vorprogrammiert.

IBIT hat erfreulicherweise immer mal wieder die Möglichkeit, dieses Thema auch bei der Polizei vorzutragen und kann dort auch immer wieder feststellen, dass sich natürlich niemand wünscht, in eine solche Situation zu kommen. Dass die Ausbildung der Polizei gerade aber in Bezug auf den Umgang mit großen Menschenmengen keine wirkliche Vorbereitung in Bezug auf präventives Crowd Management bietet, sondern auf standardisierte Crowd Control Maßnahmen abzielt. Und so wäre es sicher auch gut gewesen, wenn das polizeiliche Handeln im Rahmen der Loveparade besser untersucht worden wäre – auch hier: nicht um mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, sondern um herauszuarbeiten, wo die Grenzen „standardisierten polizeilichen Handelns“ sind.

Fazit von Hillsborough

Hillsborough sollte allen ein mahnendes Beispiel sein, was passiert, wenn schlechte Planung auf fehlende Kommunikation und Zusammenarbeit stoßen und wir müssen alle unseren Teil dazu tun, dass niemand jemals mehr in eine Situation kommt, wie der damalige Match Commander David Duckenfield.

Anmerkung: Das Unglück wurde umfangreich aufgearbeitet, eine umfangreiche Zusammenfassung findet sich auch auf Wikipedia:

Interessante Links zum Thema:

Über den Autor IBIT

IBIT = Internationales Bildungs- und Trainingszentrum für Veranstaltungssicherheit

Die Planung und das Management von Ereignissen jeder Art mit hohem Personenaufkommen stellen bedeutende Anforderungen an die praktische Kompetenz aller Beteiligten. Diese Kompetenzvermittlung durch Ausbildung, Beratung und Forschung wird durch das IBIT angeboten. Mittels innovativer Konzepte zur Professionalisierung und Standardisierung von Publikums- und Veranstaltungssicherheit ist das IBIT einer der führenden interdisziplinären Wissensdienstleister. Praxisnah, aber doch theoretisch fundiert, bietet das IBIT eine Reihe von Seminaren und Workshops. In der Beratung und Forschung ermöglicht die langjährige Erfahrung unserer Mitarbeiter solide und effiziente Lösungen für Herausforderungen im Crowd Management.

Website: https://ibit.eu

 

Artikelbild: LinksfussEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

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